Fotos (4): Tim Schaarschmidt
"Gemeinsam sind wir stärker“
Unternehmer und VDA-Vizepräsident Arndt Kirchhoff wirbt beim Innovationskreis Automobilzulieferer für eine engere Kooperation unter den Zulieferfirmen
Arndt Kirchhoff,
VDA-Vizepräsident und Vorsitzender der KIRCHHOFF-Gruppe
Es ist gute Tradition, dass der Innovationskreis Automobilzulieferer sich zu jeder Sitzung in einem anderen spannenden Unternehmen trifft. Dass aber zusätzlich noch ein prominenter Gast dabei ist, ist etwas Besonderes. Beim vergangenen Treffen konnten die Teilnehmer nicht nur das Familienunternehmen Nass Magnet in Hannovers Norden näher kennenlernen, sondern sich auch mit einem der bekanntesten und engagiertesten Unternehmer der Automobilbranche austauschen: Arndt Kirchhoff. Der langjährige Chef der Kirchhoff Gruppe, Vizepräsident des VDA und Vorsitzender von NRW-Metall gab der mit rund 40 hochkarätigen Teilnehmern besetzten Runde zahlreiche Tipps, wie eine engere Kooperation untereinander ihre Firmen stärken kann.
der Staat sollte nur mit Fingerspitzengefühl und Augenmaß in den Markt eingreifen
Klaus Kirchheim, Geschäftsführer von Nass Magnet
Seinen Appell, als Zulieferer stärker die Kooperation zu suchen, unterstrich Kirchhoff mit vielen Beispielen erfolgreicher Zusammenarbeit aus seiner eigenen Erfahrung als Geschäftsführer. Zum Beispiel nannte er den Verbund Innovativer Automobilzulieferer (VIA Verbund), an dessen Gründung 1994 Kirchhoff beteiligt war. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss mittelständischer, inhabergeführter Unternehmen der Autozulieferindustrie, der das Ziel hat, Aufgaben für alle Beteiligten zu übernehmen, die nicht unmittelbar zum Kerngeschäft zählen, ohne dabei weitergehende Bindungen einzugehen. „Dorthin lagern wir viele Tätigkeiten aus, die keine Berührung mit Unternehmensgeheimnissen haben und im Zusammenschluss mit anderen Unternehmen viel effizienter und kostengünstiger erledigt werden können, als wenn jede Firma sie selbst erledigt“, erklärt Kirchhoff. Etwa das Reinigen oder Entfetten von Bauteilen. „Der aus diesem Verbund entstandene Dienst ist mittlerweile einer der besten Feinreiniger Europas“, sagt Kirchhoff. Er könne deshalb nur dazu raten, sich mit Aufgaben überall dort zusammenzutun, wo eine Gemeinschaftslösung Einzellösungen gegenüber im Vorteil sei.
Auf hohes Interesse stieß Kirchhoffs Hinweis, der Verbund habe für interessierte Unternehmen auch Sammelverträge mit Energieversorgern abgeschlossen, die teilweise bis ins Jahr 2024 gültig sind – mit Preisgarantien auf Vorkrisenniveau. Eine Idee, die sofort aufgegriffen wurde. Die Serviceagentur für die Wirtschaft X4B will sich nun ebenfalls mit Energieversorgern in Verbindung setzen, um niedersächsischen Unternehmen ein Angebot für günstigere Energie zu machen, als sie aktuell und in naher Zukunft am Markt zu haben ist.
Klaus Kirchheim, Geschäftsführer von Nass Magnet und Gastgeber, kritisierte die Bundespolitik, die durch wiederholte Fehlentscheidungen die Unternehmen erst in die Energiekrise gesteuert haben. „Seit Jahren erlässt die Politik immer wieder Maßnahmen, um unerwünschte Effekte von zuvor beschlossenen Maßnahmen zu korrigieren, ohne aber das gesamte Konstrukt infrage zu stellen.“ Das zeichne sich nun erneut in der Energiepolitik ab. Durch eine Zufallsgewinn-Abgabe für Energieunternehmen, mit der die Bundesregierung seit einiger Zeit liebäugelt, sollen Maßnahmen zur Abfederung der hohen Kosten für Bevölkerung und Wirtschaft finanziert werden. Die Zufallsgewinne ergeben sich zum maßgeblichen Teil aus dem politisch festgelegten Prinzip, wonach die Stromerzeuger mit den höchsten Produktionskosten den Börsenpreis bestimmen. Durch die hohen Einkaufspreise beim Gas und den Wegfall der Atomkraftwerke treiben daher nun die Gaspreise die allgemeinen Energiekosten nach oben. „Dieses Beispiel zeigt eindrücklich, dass der Staat – wenn überhaupt – nur mit Fingerspitzengefühl und Augenmaß in den Markt eingreifen sollte“, sagt Kirchheim.
PKW-Produktion in Deutschland
Entwicklung 2017 bis 2022: deutlicher Abwärtstrend setzt sich weiter fort
Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer von NiedersachsenMetall und Veranstalter des Innovationskreises, zeigte sich zufrieden mit dem Treffen bei Nass Magnet. „Das Hauptziel unserer Treffen, Automobilzulieferer zum Austausch zu bewegen und zu kooperieren, haben wir auch dieses Mal eindrucksvoll erreicht.“ Vor allem angesichts der Prognose, wonach der Abwärtstrend der Pkw-Produktion in Deutschland auch 2022 anhalten und damit gerade die Zulieferindustrie weiter durchgeschüttelt werde, mache diese Treffen so wichtig. „Wir müssen stärker an einem Strang ziehen und unsere Interessen noch intensiver gegenüber Politik und Öffentlichkeit artikulieren, wollen wir den Industriestandort Niedersachsen langfristig erhalten.“
[ISABEL CHRISTIAN]