Tarifrunde 2022

Foto: Tim Schaarschmidt

"8,5 Prozent müssen erst erwirtschaftet werden“

Eine deutliche Anhebung der Entgelttabelle, dazu 3.000 Euro steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie und eine Anhebung des tariflichen Zusatzgeldes: Der neue Tarifabschluss der Metall- und Elektro-industrie hält eine massive Lohnkostenerhöhung für die Betriebe bereit. Torsten Muscharski, Verhandlungsführer der Arbeitgeber, erklärt im Interview, warum sie dem Kompromiss dennoch zugestimmt haben.

Herr Muscharski, 8,5 Prozent Entgelttabellenerhöhung, dazu 3.000 Euro Inflationsausgleichsprämie und 200 Euro mehr im tariflichen Zusatzgeld B. Das ist ein ordentlicher Schluck aus der Pulle.

In der Tat. 8,5 Prozent sind zu hoch, das muss erst einmal erwirtschaftet werden. Es wird nicht jedem Unternehmen gelingen, die Mehrkosten an die Kunden weiterzugeben. Allerdings bietet der neue Tarifvertrag durch die lange Laufzeit von 24 Monaten Planungssicherheit und enthält Möglichkeiten der Differenzierung und Variabilisierung. Damit sind die beiden wichtigsten Elemente unserer Forderungen enthalten, weshalb wir diesem Kompromiss dennoch zustimmen konnten.

Warum bezeichnet die Arbeitgeberseite den neuen Tarifvertrag trotz der massiven Lohnkostensteigerungen als Kompromiss mit Hoffnung?

Es scheint sich klar abzuzeichnen, dass 2023 ein Rezessionsjahr wird. Vor diesem Hintergrund ist eine Erhöhung um 5,2 Prozent im kommenden Sommer auch nur schwer zu verkraften. Aber wir gehen davon aus, dass zum Ende des Jahres wieder Sonnenschein die dunklen Wolken vertreibt und es 2024 spürbar aufwärts geht. Der Tarifabschluss ist deshalb eher eine Investition in die Zukunft.

Die Differenzierung, im vergangenen Tarifabschluss erstmals eingeführt, war auch jetzt eine Kernforderung der Arbeitgeberseite. Warum?

Die Differenzierung sollte nicht nur in Krisenzeiten im Tarifvertrag enthalten sein, sondern sie muss ein essenzieller Bestandteil der Abschlüsse werden. Die Spannbreite zwischen den Unternehmen, denen es wirtschaftlich gut geht, und denen, denen es schlecht geht, wird immer größer. Ein Flächentarifvertrag hat den Auftrag, das gesamte Kontinuum abzubilden. Dafür brauchen wir Instrumente der Differenzierung, sonst werden weitere kleinere und mittlere Unternehmen den Flächentarifvertrag verlassen.

Sie üben auch Kritik am Verlauf der Tarifrunde. Was hätte besser sein können?

Die Tarifrunde ist zu schleppend verlaufen. Beide Seiten haben zu lange gebraucht, die jeweiligen Anliegen des Gegenübers aufzunehmen, um aufeinander zuzugehen und die wesentlichen Punkte ergebnisoffen zu besprechen. Das schließt auch unsere Seite mit ein. Es ist sicher nicht geschickt, in vier Verhandlungsterminen nur vage auf die Kernforderungen der IG Metall einzugehen. Hier gibt es deutlichen Nachbesserungsbedarf.

[INTERVIEW: ISABEL CHRISTIAN]

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